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Erinnerungen - vom Schüler zum Meister
1942 – 1965

Der Journalist

Moped-Mechaniker schreibt für Fachzeitschrift

Fast zeitgleich mit dem Beginn der „Rennerei“ hatte ich angefangen, nebenbei für eine Fachzeitschrift zu arbeiten, was folgendermaßen zustande gekommen war: Die Zeitschrift „Das Moped und die Kleinmotorisierung“ aus dem Gustav Butz Verlag in Hagen führte eine Rubrik mit dem Titel „Mopedfahrer fragten“, wo den Lesern Antworten auf ihre überwiegend technischen Problemfragen erteilt wurden. Ich hatte bei etlichen Ausführungen der Redaktion das Gefühl, dass hier praxisfremde Ratschläge vom grünen Tisch erteilt wurden. Als in einer bestimmten Antwort offensichtlich mehrere Fakten falsch dargestellt wurden, nahm ich dies zum Anlass, einen Leserbrief mit entsprechenden Berichtigungen zu verfassen und abzuschicken. Ganz schnell erhielt ich einen „Dankesbrief“ der Redaktion, verbunden mit der Anfrage, ob ich nicht für sie als „Briefkastenonkel“ tätig werden möchte. Fortan bekam ich vom Verlag alle Leseranfragen zu technischen Problemen zugeschickt und habe einmal pro Monat meine Stellungnahmen dazu an den Verlag geschickt, was mit dem üblichen Zeilenhonorar vergütet wurde. Schon nach kurzer Zeit signalisierte der Verlag weiteren Bedarf an Beiträgen allgemeiner Art. Ich werde diese Angelegenheit an anderer Stelle noch ausführlicher schildern – hier sei nur erwähnt, dass es sich um Montageanleitungen für die verschiedensten Mopedmotoren, um Testberichte und eine Fortsetzungsserie mit dem Thema Leistungssteigerungen handelte. Damit finde ich wieder zurück zum Thema dieses Kapitels und seinem weiteren Verlauf, der bestimmt wurde durch zunehmend erforderliches Engagement in meinem schnell wachsenden Betrieb und natürlich auch durch meine „schriftstellerische“ Betätigung. Im Klartext bedeutete dies den Abschied von der eigenen Rennerei. Da die zuvor erwähnten, ebenfalls rennfahrenden Kumpels normalen Jobs mit damals noch 48 Wochenstunden nachgingen, sah deren Zeitbilanz besser aus –sie fuhren noch eine ganze Weile länger Rennen.

Fachzeitschrift „Das Moped und die Kleinmotorisierung“ meldet größeren Bedarf an technischen Beiträgen

Im vorangegangenen Kapitel hatte ich kurz meine Tätigkeit für eine Fachzeitschrift erwähnt. Meine „Briefkastenonkel“- Ratschläge befassten sich mit spezifischen Problemen der Mopedfahrer. Hier ging es meistens um technische Dinge, Unzufriedenheit mit dem Kundendienst oder dem Wunsch nach mehr Leistung. Meine Antworten waren jeweils auf den konkreten Anlass hin abgestimmt. Schon nach kurzer Zeit meldete die Redaktion Bedarf an Beiträgen zu allgemeinen technischen Themen an, mit denen ich ebenfalls dienen konnte. So verfasste ich beispielsweise einen Artikel über Vergaser und deren Abstimmung, über „viertaktern“ bei Zweitaktmotoren, über die Zerlegung von Federbeinen oder über verschiedene Arten von Diebstahlsicherungen, weil der „Mopedklau“ damals gang und gäbe war. Die nächste Aktion betraf die Erstellung von Montageanleitungen für verschiedene Mopedmotoren. Die einzelnen Mopedhersteller hatten speziell auf ihre Werkstätten abgestimmtes Material, dass sie jedoch für die Presse nicht freigaben. Erst Jahre später konnten die Fahrer japanischer Motorräder die Original-Werkstatthandbücher frei bei ihrem Händler kaufen . Die Zeitschrift Das Motorrad hatte dem damals schon vorgegriffen und Montageanleitungen für deutsche Motorradmotoren herausgebracht, nicht jedoch solche für Mopedmotoren. Verständlich, dass der Butz Verlag diese Marktlücke erkannt hatte und seine Beiträge unter dem Motto Wir bauen am xxxx Motor“ – geschickterweise wie bei Fortsetzungsromanen über mehrere Heft verteilt – veröffentlichte. Im Gegensatz zur Werksliteratur, über die ich natürlich verfügte, mussten Anleitungen für Laien verständlich sein und auf deren Standardwerkzeug abgestimmt sein. Deshalb versuchte ich auch, auf teure Spezialwerkzeuge nach Möglichkeit zu verzichten und gab Tipps zum Selbstbau solcher Hilfsmittel. Ein derartiger Artikel war nicht in fünf Minuten in die Schreibmaschine „gehauen“ und bedurfte schon einigen Aufwandes. Jeden Motor habe ich eigens zerlegt und wieder zusammengebaut. Werner mit seiner hervorragenden Leica Spiegelreflexkamera übernahm die fotografische Dokumentation. In einem einzigen Fall ist mir mal ein Fehler unterlaufen, indem ich den Durchmesser der Motorbefestigungsschrauben an einem Quickly Motor falsch angegeben hatte, was im Prinzip aber ohne Belang war. Prompt erhielt der Verlag ein böses Schreiben von NSU, das geschickt mit folgendem Argument sinngemäß gekontert wurde: „Liebe Leute von NSU ! Würdet ihr eure eigene Anleitung zum Abdruck freigeben, brauchten wir keinen freien Autor zu bemühen und zu bezahlen !“


Hans Perscheid schrieb auch Testberichte;
hier geht es um eine Hercules

Ein richtiger Renner wurde auch meine Serie 50 ccm Motoren – schneller gemacht“. Dazu hat der Verlag mich allerdings lange beknien müssen. Das Problem ist – damals wie heute - dass Änderungen dieser Art zum Erlöschen der Betriebserlaubnis eines Fahrzeugs führen. In einschlägigen Berichten wurde zwar immer scheinheilig auf diesen Umstand hingewiesen – ich sah es jedoch trotzdem als Verführung an und wollte mich daran nicht beteiligen. Wir fanden dann aber doch einen durchaus legalen Weg, der durch neue Bauartvorschriften möglich geworden war. Waren Mopeds ursprünglich nur für eine Person zugelassen, war seit einiger Zeit schon der Zweipersonenbetrieb erlaubt worden. Zum Glück ist kein einziger Hersteller hingegangen und hat seine Einsitzer Mopeds nach Inkrafttreten der neuen Bestimmung nur mit einem zweiten Sitz versehen. Vielmehr wurden neue Fahrzeuge mit stabileren Fahrwerken, stärkeren Reifen und besseren Bremsen konstruiert. Man schlug jetzt gleich zwei Fliegen mit einer Klappe, indem man diese Fahrzeuge in zwei Geschwindigkeitsklassen anbot, nämlich mit 40 km/h für Inhaber des Mopedführerscheins oder als ungedrosseltes Kleinkraftrad. Diese baugleichen Fahrzeuge unterschieden sich bei gleichem Hubraum durch unterschiedliche Leistungen und die Erfordernis von Hupe und Fern/Abblendlicht. Bei fast allen Typen war ein Umbau von langsam auf schnell oder umgekehrt möglich und konnte vom TÜV abgenommen werden.

Es bestand ein gewisser Bedarf an solchen Umbauten zum Kleinkraftrad bei Leuten, die den nächst höheren Führerschein erworben hatten. Größter Hemmschuh bei diesem Bedürfnis waren die Kosten. Bei vielen Typen mussten wesentliche und teure Bauteile wie Vergaser, Zylinder und Auspuffanlagen oder gar ganze Motoren ausgetauscht werden, wovor die meisten zurückschreckten. Aus diesem Grunde zeigte ich in meinen Anleitungen auf, wie man die Leistung der Motoren lediglich durch Nacharbeit an verschiedenen Komponenten ohne Austausch von Teilen erhöhen konnte.

Meine Artikel enthielten Skizzen über die genauen Maße von Ein- und Auslasskanal sowie Maßangaben für Vergaserdurchmesser (diese konnten aufgebohrt werden) und Auspuffrohrlängen oder evtl. Änderungen am Kolbenhemd und am Zylinderdeckel zwecks Erhöhung der Verdichtung. Am Schluss stand dann der vielleicht auch hierbei wiederum scheinheilige Hinweis, dass eine neue Zulassung zum Kleinkraftrad erforderlich sei, wohl wissend, dass diesem Rat nicht jeder gefolgt ist. Verschiedene Fahrzeuge bekam ich eine Zeit lang als Testmaschinen zur Verfügung gestellt. Eine dieser Maschinen – ein Göricke Kleinkraftrad mit ILO Motor – überließ ich einige Zeit meinem Freund Heinz Z. der sie gnadenlos über Straßen und Feldwege geprügelt und als Co-Autor am späteren Testbericht mitgewirkt hat. Mit einer bestimmten Idee im Hinterkopf habe ich die Fa. Göricke um ein Angebot für die ja nun als Gebrauchtfahrzeug zu bezeichnende Maschine gebeten. Dieses fiel so günstig aus, dass ich zugeschlagen habe und mein geplantes Vorhaben in die Tat umsetzen konnte. Es ging darum, dass bei der Jugend in Mode gekommen war, Mopeds für den Geländeeinsatz umzurüsten, was zu teilweise wilden Umbauten führte. So wurden grobstollige Geländereifen und hohe Lenker montiert, Schutzbleche abgeschnitten und Auspufftöpfe hochgelegt. Am Beispiel der Göricke wollte ich ein Beispiel für einen handwerklich sauberen Umbau abliefern, der auch dem Urteil von Experten standhalten sollte. Neben dem günstigen Kaufpreis war die Entscheidung auch deshalb auf die Göricke gefallen, weil sie sich im Testbetrieb unter meinem 90 kg schweren Freund als besonders geländefähig und hart im Nehmen erwiesen hatte. Über 10 Jahre hat es dann gedauert, bis Firmen wie Kreidler und Hercules und wenig später auch HONDA und YAMAHA ähnliche Fahrzeuge auf den Markt brachten, die unter dem gefälligeren und moderneren Namen Enduro“ für Furore sorgten. Mein Umbau der Göricke jedenfalls hatte dem Verlag einen weiteren Bericht und mir das Honorar eingebracht.

Unter anderem schrieb ich auch über die früher schon erwähnte AMOR Spezial, wobei ich aufpassen musste, dass mein Test nicht als „Gefälligkeitsbericht“ auffällig wurde !

Das nunmehr geschilderte Beispiel zeigt, dass Firmenfusionen oder Verkäufe einzelner Abteilungen keinesfalls eine Erscheinung der Neuzeit sind. Vom Verlagswesen hatte ich keinerlei Ahnung. Bedauerlicherweise hatte ich mir nie mal die Zeit genommen – ich hatte ja auch kaum welche übrig – die Leute von der Redaktion kennen zu lernen. Es gab lediglich telefonische Kontakte - meine Beiträge schickte ich per Post. Erst aus Anlass des geplanten Verkaufs der Sparte fuhr ich erstmalig nach Hagen und lernte den Redakteur Gustav Weistenfeld vom Butz Verlag und den bekannten Motorjournalisten Robert Poensgen persönlich kennen. Poensgen war Herausgeber eines Konkurrenzblatts zu „Das Motorrad“, hatte den Bereich Moped vom Butz Verlag übernommen und bat mich, nunmehr für ihn tätig zu sein. Poensgen’s Zeitung war in der Aufmachung bedeutend repräsentativer, im A 4 Format und Buntdruck gehalten. Eine Anzahl von Berichten, die in diesem Format auch besser zur Geltung kamen als im kleinformatigen Erzeugnis des Butz Verlags, habe ich noch verfasst, bevor ich meine journalistische Tätigkeit eingestellt habe, was ich sehr bedauert habe. Es fehlte mir zunehmend die Zeit dazu , obwohl meine spätere Ehefrau mir bei den letzten Artikeln die Arbeit des Tippens abgenommen hatte, was für mich mit dem „Einfinger Suchsystem“ auf meiner klapprigen Schreibmaschine eher mühevoll gewesen war. Übrigens hätte ich mir meinen damaligen Nebenjob auch als Vollzeitbeschäftigung unter Verzicht auf meine Schraubertätigkeit vorstellen können; sauberer wären meine Finger allemal geblieben.



Getestet wurde gründlich

Meine Beiträge aus der Zeitschrift „Das Moped .....“ habe ich alle in einer Mappe zusammengestellt, die Exemplare von Poensgen’s Blatt sind leider untergegangen. Vor einiger Zeit habe ich deshalb Poensgen’s Sohn Bert, den Verkaufsleiter von SUZUKI Deutschland, zweimal angeschrieben und nachgefragt, ob er oder irgendein Bekannter von ihm die Arbeiten seines Vaters eventuell archiviert habe. Da ich keine Antwort bekam, ziehe ich gewisse Rückschlüsse - Verkaufsleiter japanischer Motorradhersteller scheinen derzeit schwer im Stress zu sein !

Hier können einige der von Hans Perscheid
verfassten Artikel nachgelesen werden



Testberichte zum Capri-Roller aus Zweirad, Heft 10/1962

Testbericht zum Puch-Roller 50 DSR aus Zweirad,
Heft 07/1963

Eigenbau-Rennmaschine als Geschichte
in der Zeitschrift Zweirad

Frisieranleitungen“ zu den gängigsten Mopeds der 1960er Jahre


Eine fast vollständige Sammlung der Schriften gibt es auf CD

Auf dieser Hompage ist nur ein kleiner Teil dessen wiedergegeben, was Hans Perscheid an literarischen Werken verfasst hat. Anfang der 1960er Jahre arbeitete Hans Perscheid nebenberuflich als Journalist für verschiedene Fachzeitschriften – u.a. unter dem damals bekannten Chefredakteur Robert Poensgen.

Es besteht deshalb die Möglichkeit, bei Hans Perscheid eine umfassende Sammlung seiner Schriften per CD zum Selbstkostenpreis von 5,00 € zu erwerben.

Außer seinen Erinnerungen, die auf der CD in ungekürzter Version zu finden sind, seien auch die vielen Testberichte über Mopeds der 1960er Jahre sowie zahlreichen mit anschaulichen Bildern versehenen Reparaturanleitungen empfohlen. Heute- mehr als 40 Jahre später – dürften diese für Oldtimerfreunde wieder hohe Aktualität finden. Auf Papier gedruckt umfasst der Inhalt der CD fast 300 DIN A4 Seiten.

Nachfolgend mag das Inhaltsverzeichnis der CD mit seinen angegeben Titeln weitergehende Informationen bieten.



Hier geht es zum >>> Inhaltsverzeichnis (im PDF-Format, Größe 92 KB)


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Text: Hans Perscheid
Fotos: Archiv Hans Perscheid

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