Zurück zur Geschichten-Übersicht
ISDT Deutschland, Walldürn 1989
Kampf mehr mit der Technik als mit der Strecke Nach 1979 im Siegerland fand zehn Jahre später erneut die Internationale Sechstagefahrt (ISDT) in Deutschland statt, und zwar nunmehr in Walldürn im Odenwald. Inzwischen hatte die ISDT offiziell den Titel einer Weltmeisterschaft, was einmal mehr die Bedeutung dieser Veranstaltung unterstreicht.
In der Regel beenden Sportler ihr Streben nach Titeln und Meisterschaftspunkten in hochkarätigen Sportserien dann, wenn diese etwa das vierzigste Lebensjahr erreicht haben. Nicht so Helmut „Speedy“ Clasen, für den Sport im Leben schon immer eine zentrale Rolle spielte. Trotz seiner inzwischen 54 Lebensjahre wollt er es nochmals wissen und sich mit zwanzig- und dreißig Jahre jüngeren auf aktuellem Maschinenmaterial unmittelbar messen. Eine Medaille war sein Ziel und bis zum dritten Tag war er gar auf Goldmedaillenkurs. Doch dann ereilte ihn am vierten Tag unverschuldet technisches Pech: Die KTM streikte und er musste am wassergekühlten Motor innerhalb kürzester Zeit Kolben und Zylinder wechseln. Auf diesen Umstand angesprochen, übermittelte mir Helmut Clasen nachfolgende Geschichte: „Hallo HP, grüße Dich. In Walldürn
hatte ich eine 350er KTM geleast. Die stellte dem gesamten
kanadischen ISDT-Team der damalige deutsche KTM-Importeur Toni
Stöckelmeier aus Amberg zur Verfügung. Da ich die
Deutsch sprach, wurde ich beauftragt mit einem Leih-LKW zum Toni
zu fahren und unsere geleasten KTMs für unsere kanadischen
Fahrer abzuholen. ![]() Eröffnungsfeier mit Begrüßung der Nationen Ein weiterer
Höhepunkt war das das ungarische ISDT-Team beim Einmarsch
der Nationen: Aus der Ungarischen Landesfahne hatten diese Hammer
und Sichel herausgeschnitten. Alle Zuschauer sahen das und das
war vielleicht ein Jubel... Das Pech war, dass an drei von diesen Motoren verkehrte Zylinder montiert waren, in denen das Kühlwasser nicht zirkulieren konnte. Als mir der Motor
am 4. Tag begann, fest zu gehen, konnte ich mich nur mit Mühe
und Not, aber noch 10 Minuten vor meiner Sollzeit, in die
Abendkontrolle retten. Nun bekam ich an der Start-Rampe eine neue Zeit. Die musste auf meiner Stempelkarte umgerechnet werden, da ich ja nun an allen Stempeluhren zur neuen Zeit ankommen musste. In dieser Zeit kommt unser kanadischer Team-Manager zu mir und sagt: „Du bist nun in Bronze und kannst Dich nicht verbessern. Fahre so schnell wie möglich, so dass Du wieder in Deine frühere Zeit reinkommst. Für den Fall, dass noch was schief gehen sollte, hast Du dann wieder deine volle Stunde zur Verfügung. Am Abend hatte ich meine Zeit schon wieder aufgeholt und keine weiteren Probleme. Für das zu frühe Einfahren bekam ich natürlich Strafpunkte. Abends gehe ich noch mal zum Aushang der Tages-Ergebnisse und traue meinen Augen nicht: Unser Manager hatte meine Gesamtpunkte falsch addiert und mich in Bronze reingerechnet. In Wirklichkeit war ich nur knapp in Silber und mit ein paar schnellen Sonderprüfungen hätte ich mit viel Glück wieder in Gold reinrutschen können. Nun hatte ich mich durch das zu frühe Einfahren in die Etappen verschlechtert, indem ich tatsächlich in Bronze reinfuhr. Da nutzten abends beim Gemeinschaftsessen auch die Entschuldigungen des Managers nichts mehr. Es war zu spät, denn letztendlich ist der Fahrer für seine Zeit verantwortlich. Interessant waren die Bemerkungen von den Leuten die während meiner Reparatur im Kreis um mich herum standen und sagten: „Kolben am wassergekühlten Motor wechseln? Der Kerl ist raus. Das schafft der nie in der Zeit, die ihm zur Verfügung steht“. Die wussten ja nicht, dass ich gerade solche Arbeiten seit vielen Jahren in meiner Werkstatt ausgeführt hatte, jeden Handgriff auswendig kannte und diese mit verbundenen Augen ausführen konnte. Die standen dann auch mit offenen Mäulern am Zaun, morgens zu meiner Startzeit und haben mich angefeuert. Da waren auch Walter Kronenberg und Erwin Haselbauer dabei. (siehe Bilder im Album.) Gesamtreparaturzeit: 25 Minuten. Gruß Helmut (Heute - 04.08.2012 - wieder 36 Grad)“
|
Dramatische Reparatur am vierten Fahrtag Weil der Zylinder einen Fehler hatte und deshalb die Wasserkühlung nicht richtig funktionierte klemmte der Kolben. Innerhalb kürzester Zeit musste der geklemmte Kolben ausgetauscht und der Zylinder repariert werden. Die Fotos zeigen einen hochkonzentrierten Helmut Clasen bei der Reparaturarbeit in Rekordzeit
In der Nacht wurde vom Bosch-Renndienst der fehlerhafte Zylinder umgebaut, der am nächsten Morgen wieder eingebaut werden sollte
Die Demontage der defekten
Teile und die Montage der neuen bzw. reparierten Teile kostete
Helmut Clasen insgesamt 25 Minuten. Ob das ein jüngerer
Fahrer auch in der kurzen Zeit geschafft hätte? Speedys Zeit
für die Reparatur war jedenfalls spitzenmäßig. |
Weitere Fotogeschichten von Helmut Clasen
|
Hier ist der Link zum Fotoalbum dieser Geschichte |
|
Swisttal, im August 2012
Text: Helmut
Clasen und Hans Peter Schneider
Fotos: Archiv Helmut Clasen