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Heinz-Peter Nettekoven – mindestens 100 % Präzision

Erste Erfahrungen mit Heinz-Peter Nettekoven

Eigentlich kenne ich Heinz-Peter schon seit 1966. Das war das Jahr, als mein jüngerer Bruder Karl in Brenig eingeschult wurde und Heinz-Peter einer seiner neuen Schulkameraden war. Erst sehr viel später wurde ich wieder auf ihn aufmerksam. nicht etwa, weil er einen heldenhaften Fahrstil mit dem motorisierten Zweirad pflegte, nein, weil ich davon gehört hatte, dass er sich - nur so zum Hobby - eine Drehbank gekauft habe und er beispielsweise präzise Schwingenlagerungen und andere Präzisionsteile damit nachfertigen könne. Ich meine mich zu erinnern, dass er mir Anfang der 1980er Jahre auch einmal so ein Schwingenlager aus Bronze für eine meiner Yamahas gedreht hatte, die werksmäßig nur aus verschleißfreudigem „wackelweichem“ Kunststoff geliefert werden konnten. Das Fahrwerk meiner Yamaha lag anschließend auch bei schneller Straßenfahrt so ruhig, wie ich es vorher nie erfahren hatte.

Vergiss das Öl nicht!

Dann hatte ich mit Heinz-Peter das Schlüsselerlebnis schlechthin. Mein Freund Werner aus Bornheim fuhr damals die Einzylinder-Enduro Kawasaki KL 250. Wie auch heute noch bei japanischen Motorrädern regelmäßig anzutreffen, lief auch bei dieser Kawa die obenliegende Nockenwelle im Aluminium des Kopfes. Diese Lösung funktioniert so lange prächtig und problemlos , wie die Motorschmierung in Ordnung ist. Als jedoch eines schönen Tages in Bonn die Ölkontrolllampe an der KL leuchtete, meinte mein Freund Werner in seinem damals noch sehr jugendlichen Leichtsinn, damit noch bis nach Bornheim fahren zu können. Nach etwa 300 Metern kam dann jedoch jene Ernüchterung, die kommen musste, indem der Motor plötzlich furchtbare mechanische Klappergeräusche von sich gab. Nachdem Werner wenig später mit diesem Motorrad bei mir hilfesuchend aufgekreuzt war, stellten wir fest, dass die Nockenwelle im Kopf mangels Schmierung gefressen hatte. Welle und Kopf waren hinüber! Die neue Nockenwelle kostete damals so um die 260,00 DM, der Zylinderkopf indessen ca. 850,00 DM. Das war viel Geld für einen AZUBI im Jahre 1983. Wir suchten sodann nach alternativen Lösungen: Um die neue Nockenwelle gab es kein Herumkommen. Mein Freund Gerd aus Euskirchen schlug jedoch vor, im Kopf auf die Fressstellen neues Alu aufzuschweißen und von einem „erstklassigen Dreher“ für die neue Nockenwelle eine passende Lagerung in den Kopf drehen zu lassen. Fürs „Alu schweißen“, empfahl mir Freund Gerd den damaligen KTM-Händler Hans Nass aus Euskirchen, aber zum „erstklassigen Dreher“ konnte er mir keine Empfehlung geben. Uns war mit diesem Rat jedoch schon sehr geholfen, denn ich dachte sofort an Heinz-Peter Nettekoven, als die Rede vom „erstklassigen Dreher“ war. Wenig später zeigte ich Heinz-Peter auch schon den beschädigten Kopf und fragte ihn, ob er sich solche Präzisionsarbeit zutraue. Er dachte nur kurz laut nach, sah eine Möglichkeit, den Kopf in seine Drehbank einzuspannen, und meinte schließlich: „Lass das mal bei dem Euskichener schweißen und dann bringst du mir den Kopf und die neue Welle vorbei!“

Das Alu-Schweißen bei Hans Nass ging rasch und problemlos ab und nach etwa einer Woche langen Wartens hatte der Kawa-Händler die neue Nockenwelle geliefert. Einen Tag, nachdem wir die Teile bei Heinz-Peter vorbeigebracht hatten, konnten wir die gelungene Werkleistung schon in Empfang nehmen, nicht ohne die Ermahnung: „Vergiss das Öl nicht!“.

Mein Freund Werner vergaß künftig das Öl nicht und fuhr noch mehrere tausend frohe Kilometer mit dem reparierten Kopf, bis er die KL 250 schließlich verkaufte. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Nockenwelle immer noch problemlos im reparierten Kopf läuft, falls und soweit die Nachfolger das Öl nicht vergessen haben.
Seitdem denke ich immer an Präzisionsarbeit, wenn ich den Namen Heinz-Peter Nettekoven höre.

Ein sehr persönlicher Auftrag mit Langzeitwirkung

Mein nachfolgender Auftrag hatte schließlich mit einer besonderen Art von Präzision zu tun. Heinz Peter war bei der Gründungsversammlung des Motor Veteranen Clubs Brenig dabei und ist deshalb auch mit seiner Unterschrift unter dem seinerzeitigen Protokoll zu finden. Als ich mich schließlich mit meiner Liebsten trauen wollte, erschien es uns ebenso originell wie auch naheliegend, Heinz-Peter zu fragen, ob er uns nicht die Eheringe fertigen könne. Ich hatte die Frage kaum ausgesprochen, da hatte er aus einer seiner Schubladen auch schon eine Schablone mit Fingermaßen herausgezogen und reichte sie meiner Zukünftigen und mir hin. Wie viele edle Oldtimernachbauteile sollten auch unsere Eheringe aus Edelstahl sein. Es dauerte tatsächlich nicht lange, da konnten wir sie abholen. Maßgefertigt wie sie waren, passten sie auf Anhieb. Für beide zusammen bezahlten wir den Freundschaftspreis von 5,00 DM, jedoch nicht ohne uns anhören zu müssen, dass es eine sehr „piddelige“ Arbeit mit den schmalen Dingern gewesen sei.

Unvergesslich ist uns auch sein abschließender Satz in der für ihn typischen direkten Art: „ ... und kommt mir nicht noch einmal mit so einem Piddel!“
Wir brauchten wegen Eheringen tatsächlich nicht noch einmal zu kommen, denn Heinz-Peters Arbeit war so gut und haltbar, dass ich auch nach nunmehr über 20 Jahren immer noch an meiner Liebsten von damals hänge und immer noch kein Ende unserer Beziehung abzusehen ist.

Ein Besuch bei Heinz Peter Nettekoven heute

Vom Hobby zum Unternehmen

Als Heinz-Peter sich damals Anfang der 1980er Jahre die Drehbank kaufte, tat er dieses zum Hobby neben seiner beruflichen Tätigkeit als Dreher und Fräser in einem Bonner Unternehmen. Dieses Hobby machte er Ende der 1990er Jahre zu seinem eigenen Unternehmen. Die erste Drehbank war da schon längst wieder verkauft und eine neue bessere steht jetzt in seiner Werkstatt neben zwei Fräsmaschinen.

Wenn man seine Werkstatt betritt, erscheint es zwar zunächst etwas beengt dort. Alles ist jedoch sehr wohl geordnet an seinem Platz und was Heinz Peter für seine Arbeit benötigt, das hat er im Handumdrehen aus einer seiner mit System aufgeräumten Schubladen herausgezogen. Zu der Ordnung in seiner Werkstatt passt auch die dort anzutreffende Sauberkeit.

„Alleine von der Fertigung von Oldtimer-Kleinteilen kann ich nicht leben!“, sagt er mir, als ich ihn konkret darauf anspreche, „trotz der Reklame in einschlägigen Oldtimer-Fachzeitschriften“. Dennoch treffe ich bei jedem meiner Visiten in seiner Werkstatt immer wieder ein bekanntes Gesicht aus der Rheinischen Oldtimerszene.

Für andere Unternehmen fertigt er kleine Serien an speziellen Dreh- und Frästeilen der unterschiedlichsten Art und hält mir so ein Teil entgegen mit dem Hinweis: „Hiermit verdiene ich mir meine Brötchen!“ Es ist ein äußerst filigranes Teil, an dem er da gedreht und gefräst hat und ich stelle mir vor, wieviel Geduld Konzentration und Selbstdisziplin Heinz-Peter wohl für eine solche Fertigung aufbringen musste. So stelle ich für mich einmal mehr fest: Der Heinz-Peter und seine Kunden haben sich hier wohl in der speziellen Aufgabe für ihn gefunden.


 Der „Meister“ an seinem Werkzeug

Vom Hobby des Unternehmers

Bei jedem meiner Besuche komme ich nicht umhin, ihn auf sein Hobby anzusprechen, an dem er nunmehr schon seit zehn Jahren beschäftigt ist. Satt sehen muss ich mich daran, an den Details, wie sie in ihrem Finish perfekter nicht ausgeführt sein können. Die Bilder auf dieser Seite können die Wirklichkeit nur unzureichend abbilden, die sich dem Betrachter zeigt, wenn er mit eigenen Augen und ggf. Brille gerüstet vor seinem Werk steht. Vor zehn Jahren hätte ich noch gesagt, so etwas gibt es nicht, heute stehe ich davor und bin jedes Mal auf Neue fasziniert.

Ein eigenes Motorrad im Stil der späten 1930er Jahre mit sehr viel Hubraum wollte er sich bauen. Nach jahrelangem Suchen hatte er schließlich einen kopfgesteuerten Stehermotor mit 1,9 Litern Hubraum gefunden und erworben. Dieser wurde ursprünglich bei Steherrennen mit konstantem Gas gefahren und musste ohne Getriebe auskommen. Die richtige Übersetzung der Kurbelwellendrehzahl auf die Drehzahl des Hinterrades für die Steherbahn wurde mit Hilfe eines Riemenantriebes unter Verwendung einer riesigen Flachriemenscheibe gelöst.
Heinz-Peter fing an, diesen Motor zu restaurieren, kam allerdings nach vielen Arbeitsstunden zu der Einsicht, dass ein solcher Motor zwar für die Steherbahn ideal war, nicht jedoch für den Einsatz auf der Straße.
Für Heinz-Peter ergab sich daraus die Konsequenz: Da muss ich mir den Motor eben selbst bauen!

Für das Motorgehäuse nahm er ca. 100 kg Aluminium. Die Zylinder wurden aus ca. 100 kg Grauguss gedreht und die Zylinderköpfe fräste er aus ca. 50 kg Bronze. Für Wellen und Zahnräder verwendete er natürlich Werkzeugstahl. Das Paar Doppelvergaser fertigte er ebenso selbst, wie den Rahmen, den er quasi um den Motor herum hochzog. Es versteht sich von selbst, dass Heinz-Peter zuvor all diese Dinge gründlichst geplant und berechnet hatte.

Mein Unglaube ob solch einer Leistung eines einzelnen Tüftlers verschwindet jedoch mit der Begeisterung, die mich beim Betrachten des hohe Finishs erfasst: Solche Mühen bei der Ausführung der Fertigung gibt's bei keiner Firma dieser Welt zu kaufen, die kann nur von Heinz-Peter selbst sein!

Ich erinnere mich noch sehr gut an seine Sorge vor drei oder vier Jahren, dass der Motor nach all der Arbeit, die er hineingesteckt hatte, am Ende auch wirklich läuft. Und als ich vor zwei Jahren hörte, dass Heinz-Peter mit seinem Motorrad sogar nach Bad Münstereifel gefahren sei, da freute ich mich. Inzwischen hat Heinz-Peter jedoch schon viel Zeit und Arbeit in die Einstellungen des Motors gesteckt: Der Verbrauch von ursprünglich 20 Litern Benzin auf 100 km ist inzwischen auf 9 Liter gesunken, was bei dem Riesenmotor schon eine kultivierte Größe darstellt. Mit der Kupplung musste er sich ebenfalls intensiv befassen, hatte seine ursprüngliche Konstruktion doch erhebliche Probleme mit dem gewaltigen Drehmoment des Motors. Aber das Motorrad wird und wird immer besser.

Zur Zeit baut Heinz Peter an einem angemessenen Seitenwagen für sein Riesenmotorrad. Es soll aber kein gewöhnlicher Seitenwagen sein, der starr mit dem Motorrad verbunden ist: Die Konstruktion basiert auf historischen Unterlagen und soll auch noch bei Seitenwagenbetrieb Schräglagenwinkel des Motorrades bis 30° zulassen.

Ich bin mir ebenso sicher, dass im Sommer 2006 das Gespann fahrbereit sein wird und in den nächsten Jahren Heinz-Peter noch viele Verbesserungen und Verfeinerungen an dem Fahrzeug umsetzt. Gleichwohl werde ich bei jedem meiner Besuche – meistens wenn ich ja selbst ein Teil zum Nachfertigen habe – aufs Neue begeistert sein.

Die einzelnen Entstehungsschritte seines Motorrades hat Heinz-Peter im Bild festgehalten. Demnächst wird auf diesen Seiten hierzu der ausführliche Bericht nebst Fotodokumentation zu finden sein.


Das Prachtstück von Motor und Fahrwerk in der Entwicklungsphase


Trotz Riesenmotor nicht zu breit. Links die vollständig „nachentwickelten“ Vergaser




Anzani im fahrbereiten Zustand




Hier zeigt H.-P. Nettekoven seinem fachkundigen Kunden Horst Pütz die Aufhängung des Seitenwagenrades

Angebot für Oldtimerliebhaber

Schließlich frage ich ihn, was ich in unserer Internetseite über seine möglichen Dienste für Oldtimerliebhaber schreiben soll. Seine Antwort darauf lautet:

  • Komplette Motorüberholungen für Motoren der Baujahre 1905 bis 1940 (Motorgehäuse, Kurbelwelle, Nockenwelle, Kolben, Zylinder, Kopf, Getriebe);

  • Vergaser-Überholungen und ggf. Neuanfertigungen;

  • Lenkerarmaturen nebst Antrieben von Tachos;

  • Umbau von Radnaben auf „normale“ Kugellager

  • und alles was sonst noch präzises Arbeiten erfordert

 


Passt !“

Kontaktadresse:

 

Heinz-Peter Nettekoven
Bisdorfer Weg 12
53332 Bornheim-Brenig
Fon und Fax: 02222 4492
h.p.nettekoven@web.de
  



Text: Hans Peter Schneider
Fotos: Heinz-Peter Nettekoven und Hans Peter Schneider

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