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Erste Begegnung mit Paul Greve Noch bevor ich Paul Greve vor einigen Jahren persönlich kennen lernte, war es immer wieder meinen Clubfreund Rolf Schmitz, der sich begeistert über die kompetente Hilfe durch den „Paul“ äußerte, wenn es um Arbeiten rund um seinem Alvis ging. „Wenn der Paul das macht, dann funktioniert das auch!“, hörte ich immer wieder von Rolf. Also war ich gespannt. Eine erste Begegnung mit „Paul“ war schließlich 2002 bei der Oldtimerrallye in Mechernich. Dort hatte er ein gewaltiges altes Auto mit einem Zwölfzylinder-Rolls- Royce Motor abgestellt und mein Freund Andreas Brünagel hatte mich extra dorthin geschleppt, um die Abfahrt des seltenen Autos auf eigener Achse in Richtung Heimerzheim erleben zu können. Bei dem einstündigen Warten schaute ich mir das Fahrzeug an: Die Räder und das Chassis hätten auch einem alten LKW gut gestanden. Auf dem riesigen Kühler aus Messing war ein Emblem angebracht und darauf stand „Satis“. Ein Name, der mir damals noch gar nichts sagte. „Satis“, der Name hat wohl die selbe Wortwurzel wie auch „satisfaktion“ im Englischen und Französischen oder auch satisfaction im Lateinischen, was ja auf gut Deutsch Genugtuung heißt. Ja mit diesem Riesenmotor von vor über siebzig Jahren kann man auch heute noch Fahrleistungen erreichen, die mehr als reichlich und satt sind. Über dem Kühler stand - oder besser regierte - eine dem Teufel ähnliche Figur aus Bronze, um mit ihren Flügeln und wohl auch dem gewaltigen Auto im nächsten Moment abzuheben. Der Welt vor dem Kühler, drehte die Figur mit ihren ausgestreckten Händen eine Nase.
Der Verwendungszweck des Satis war von Anfang an ein motorsportlicher. Unter der außerordentlich langen Motorhaube führt auf jeder Seite ein armdickes Auspuffrohr heraus, das ohne jeden Schalldämpfer jeweils am Heck des Autos endet. Was muss das wohl für ein Spektakel geben, wenn der Motor mit seinen zwölf Zylindern und 27 Litern Hubraum gestartet würde. Und wenn der „Paul“ mit dem Auto einmal vor einer Ampel zu stehen kommen sollte, dann sollte bei dieser Auspuffkonstruktion und der heißen Abgasmenge aus alle dem Hubraum nur ja kein modernes Auto mit Plastikfront zu nahe dahinter anhalten: Der Plastik könnte sich dann thermisch verformen. Mein Freund Andreas Brünagel sprach von inzwischen gezähmten mehr als 500 PS, die das ehemalige Flugzeugtriebwerk in dem Oldtimerauto noch leisten sollte, ursprünglich seien es für die Rennzwecke noch mehr gewesen. Das Teufelchen auf dem Kühler mag als
leibhaftiger Teufel – man verzeihe mir so viel Aberglauben
- wohl 1930 mit im Auto gesessen haben, als der Erbauer dieses
Autos, ein gewisser Colonel Harry Day, zu seinem ersten
Renneinsatz mit startete: Schon nach einer kurzen Fahrtstrecke
stürzte er mit dem tonnenschweren Geschoss um, ohne dieses
unglückliche Manöver zu überleben. Schließlich erschienen zwei Herren, ein jüngerer etwas schmächtigerer und ein etwas älterer sehr kräftiger mit kurzem Bart. Es wurde Benzin aus zwei großen Blech-Kanistern in den Tank gefüllt. Einige Schraubenverbindungen, insbesondere die der Auspuffrohre, wurden nochmals auf ihren festen Sitz hin geprüft. Und dann begann der jüngere von beiden mit Pumpbewegungen am Fahrzeug. Auf unsere Frage hin erfuhren wir, dass hier tatsächlich gepumpt wurde, und zwar Luft zu Pressluft zum Starten des Motors. Nach etwa zwei Minuten waren Luftmenge und Luftdruck offenbar so hoch, dass man damit den Start wagte und der gewaltige Motor tatsächlich lautstark zum Leben erwachte – und wie: Ein Donnern, Grollen und Dröhnen aus den glatten Auspuffrohren erfüllte die Halle in dem das Auto stand so sehr, dass man entweder fast sterben musste oder in höchster Weise entzückt war. Für die Zuschauer des Schauspiels – Andreas Brünagel und ich waren noch lange nicht die einzigen Zuschauer – traf natürlich Letzteres zu. Das lange Warten hatte sich hiermit schon gelohnt. Der Ältere von beiden – es war Paul Greve – fuhr das Auto: Dazu rangierte er zunächst in der Halle einige Male hin und her, um zum Hallenausgang zu gelangen. Das Lenkrad war viel größer als heutige Auto-Lenkräder. Mit seiner großen Hebelwirkung hätte es auch einen alten LKW ohne Servounterstützung auf Kurs halten können. Aber der Satis brauchte die Hebelkräfte dieses großen Lenkrades, denn auch der ganz und gar nicht schwächliche „Paul“ bemühte sichtlich zum Rangieren immer noch viel von seiner Muskelkraft. Vor der Halle blieb „Paul“ mit dem Satis noch etwa eine Minute mit laufendem Motor stehen, nahm – wie bei einem alten Flugzeug - letzte Checks vor und ließ den Motor etwas auf Temperatur kommen. Doch dann legte er den ersten Gang ein und fuhr los. Aber was war das für ein selten spektakuläres Ereignis: Der Motor drehte nur einige wenige Umdrehungen und trotzdem zog das tonnenschwere Fahrzeug davon wie ein moderner voll beschleunigender Porsche, nur dass letzterer ein Mehrfaches an Drehzahl dafür benötigt hätte. Die geringe Drehzahl und der ungeheure Abzug des Wagens, das war das Ungewöhnliche bei diesem Ereignis. So etwas hatte ich noch nie erlebt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt glaubte ich die deutlich mehr als 500 PS, die im Gespräch waren. Zu gerne hätte ich den Satis mit seinem gewaltigen Motor und dem tollen Zwölfzylinder-Sound noch viel länger in Aktion erlebt.
Nach diesem Erlebnis besuchte ich Paul Greve mal kurz in seiner Werkstatt in Swisttal, damals noch in der Tiefgarage des Hauses Dieroff an der Kölner Straße. Mit dem Sandstrahl entfernte er mir damals den inneren Rost aus meinem Quickly-Tank. Bei der letzten großen Veranstaltung unseres Clubs im Jahre 2004 beehrte er uns in Brenig sogar mit dem seltenen Satis. Ohne Zweifel war er damit eine der großen Attraktionen.
Im Frühjahr dieses Jahres überholte ich nach über 50.000 km den Motor meiner inzwischen schon 24 Jahre alten Yamaha XT 350. Nach dem Öffnen des Kurbelgehäuses waren Kurbelwelle, alle Lager und Dichtringe daran auszutauschen. Diese Arbeiten überließ ich Paul Greve. |
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Besuche im September 2009 Schließlich erscheine ich im September 2009 bei ihm zum Interview in seinem ehemaligen Bauernhof in Heimerzheim. In seiner Werkstatt steht eine BSA auf der Hebebühne. Auf dem ersten Blick in einem toprestaurierten Zustand. Frischer Lack und Chrom glänzen mir entgegen. 12.000,00 € habe sein Kunde dafür bezahlt; nur fahren wollte das kostbare Motorrad eigentlich nicht. Deshalb landete es in Pauls Werkstatt. Dann zeigt mir Paul mal alle die Teile, die für teures Geld verbaut waren: Etwa eine mit dem Winkelschleifer angepasste Bronzebuchse, Wälzlager, die zu klein waren, eine Kupplung, die aus unterschiedlichsten Scheiben zusammengesetzt war, nur nicht aus denen, die zur Maschine gehörten, der äußere Kupplungskorb war laienhaft vom Vorrestaurator zusammengeschweißt, selbst die unterschiedlich langen Bolzen waren im Korb angeschweißt oder besser gebrutzelt; als Hinterachse fungierte die Welle einer ursprünglichen Hantel, wie unschwer an der verbliebenen Riffelung zu erkennen war. Bis dahin konnte ich mir nicht vorstellen, welcher Schrott für teures Geld begeisterten Laien untergejubelt werden kann, wenn nur Lack und Chrom schön glänzen. Von der Vielseitigkeit des Lebens Nach dem kurzen Besuch in seiner Werkstatt
lädt Paul mich zur Pause in seine Küche zu einem Kaffee
ein. Bei dieser Gelegenheit sollte er mir von sich erzählen.
Das tat er dann auch leidlich und ich stellte fest, dass es ein
sehr bewegtes und ungewöhnliches Leben war: Seine Kindheit
verbrachte der mehrere Jahre in den USA. Dann zogen seine Eltern
wieder zurück nach Deutschland. Zu Hause war er dann
zunächst in Kröv an der Mosel und da die Familie wuchs,
schließlich in Wittlich, wo sein Vater als Tierarzt
praktizierte. Nach der Schule folgten Militärzeit, zu der ein Studium der Luft- und Raumfahrtechnik gehörte. Im Anschluss daran folgten Universitätsstudien in Jura und in Zahnmedizin, die er mit ordentlichen Examen abschloss. „Warum“, frage ich ihn, „bist Du denn nicht Rechtsanwalt oder Zahnarzt geworden? Die Oldtimerei hätte dann doch immer noch dein schönes Hobby bleiben können und du müsstest dich nicht alle Tage mit Rost und Schmiere an den Fingern herumplagen?“ Offenbar entsprachen die akademischen Abschlüsse und Ehren nicht dem, womit Paul Greve seinen weiteren Lebensweg gestalten wollte. Als er im Zahnmedizin-Examen stand war er gleichzeitig für einen Großunternehmer in Heimerzheim als Oldtimerrestaurator tätig. Von dem erhielt er in der Zeit ein außerordentliches und in jeder Hinsicht interessantes Angebot als Restaurator. Greve nahm dieses nach kurzer Überlegung an, aber nicht, ohne zuvor sein Zahnmedizinstudium noch abzuschließen. „Ich brauchte ja im Grunde nichts anderes zu machen, als das, was ich seit meiner Jugend ohnehin schon mit Begeisterung machte“. Die Oldtimerei wurde nunmehr zu seinem Hauptberuf. „Technisch interessiert war ich schon immer“, erzählt mir Paul. „Mein erstes motorisiertes Fahrzeug war die NSU Fox meines Onkels, die ich dem als Fünfzehnjähriger abkaufte“. Mit sechszehn Jahren hatte jugendliche Paul schließlich elf 250er BMWs zu Hause stehen. „Mein Vater kam als Tierarzt viel herum und ich erfuhr so über ihn, bei welchem Bauern noch ein Motorrad ungenutzt irgendwo im Stall herumstand. Für eine BMW R 25 zahlte ich damals im Durchschnitt 40 DM und für eine R 26 gar mal einen Spitzenpreis von 75 DM, mehr aber auch nicht“. Das Studium der Luft- und Raumfahrtechnik brachte ihn entscheidend auch bei seiner Oldtimer-Bastelei voran: „Ich erhielt hier ein enormes technisches Hintergrundwissen das mir den Weg zu Problemlösungen auch an alter Technik erschloss.“ Auch als der Großunternehmer 2001 Insolvenz anmelden musste, blieb Paul Greve bei der Oldtimerei und machte sich alsbald mit der „Rheinischen Oldtimergarage“ (ROG) für Autos und Motorräder selbständig, zunächst in der Tiefgarage seines letzten Arbeitgebers und seit 2005 im eigenen Bauernhof in Heimerzheim. Hausmann als Nebenjob Da Paul Greve zu Hause an den Oltimern arbeitet, ist er auch alle Tage für seine Kinder da. „Die haben bei mir oberste Priorität“, erklärt er mir. Die jüngste Tochter holt er mittags aus dem Kindergarten. Wenn er dann zurückkommt ist auch sein Sohn schon aus der Schule zurück. Bis dahin spätestens muss Paul für ein warmes Mittagessen auf dem Tisch gesorgt haben. Seine Frau Andrea, die wochentags bei einem großen Finanzdienstleister ihrem Beruf nachgeht, gab ihm auf, mir zu sagen: „Er darf auch schreiben, dass Du Hausmann bist“. Mir fällt auf, dass die Greves ihre
Kinder zweisprachig erziehen: Auch Meike, die mit drei Jahren
jüngste Tochter, spricht sowohl Deutsch als auch Französisch
mit Ihrem „Papa“. |
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Der Rolls Royce-Motor des
Satis Der ober genannte Satis gehörte zu den besonderen Schätzen, die Paul Greve seinerzeit von seinem Arbeitgeber und Oldtimersammler zur Pflege anvertraut wurden. Greve stellte damals fest, dass der Motor noch nie eine Überholung erfahren hatte und als zuletzt auch noch der Kolben eines der zwölf Zylinder zerbrach, tat eine gründliche Motorüberholung höchste Not. Diese nahm Paul Greve in Kooperation mit seinem Kollegen Andreas Lang in dessen Fachwerkstatt in Düren vor. Viele der erforderlichen Arbeitsschritte am Motor dieses bemerkenswerten Autos wurden fotografisch dokumentiert.
Eine Auswahl dieser Fotos ist hier zu einer Fotogalerie zusammengefasst. |
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Von teurem Schein Immer wieder muss Paul Greve feststellen, dass sich Oldtimerfreunde für viel Geld ein angeblich „vollrestauriertes“ Oltimerfahrzeug gekauft haben, aber leider einem Blender aufgesessen sind. Die Oldtimer- Begeisterung, der schön glänzende Lack, einige Chromteile und glänzende neue Schrauben an gut sichtbaren Stellen nahmen dem getäuschten Käufer jegliche Freiheit um den nüchternen Blick für das Wesentliche zu finden. Am Ende wird der Traum dann sehr viel teurer als ursprünglich geplant und nicht selten auch zum Albtraum. Zu diesem Thema gibt es |
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Paul Greve fährt Ariel Square Four Ein Profi-Oldtimer-Restaurator kann wohl kaum seine Kunden zufrieden stellen, wenn er nicht auch einen Oldtimer sein Eigen nennt. Paul Greves Oldtimer ist ein Ariel-Gespann aus dem Jahre 1936. Zu restaurieren gab es an der Ariel jedoch
nicht viel: Sie hatte eine erste Geschichte, die nur kurz währte
und mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges endete. Eigentlich war
die Ariel nur nach fast 60 Jahren Dornröschenschlaf wieder
zusammenzubauen. Paul Greve ist auch über diesen ersten Teil der Geschichte seines Oldtimers bestens informiert. Sie gehört für ihn zu dem Motorrad wie die Technik an sich. Es ist für ihn schon ein Unterschied, ob allerlei – womöglich noch übers Internet - zusammengetragene Teile letztendlich ein Motorrad ergeben oder ob die jahrzehntealte Vorgeschichte eines Oldtimers dessen mit dem Altern gewachsene Patina in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt. |
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Zur Geschichte von Paul Greves Ariel Zur Fotogalerie der Satis-Restaurierung |
Kontakt: ROG Paul Greve Pützgasse 51 53913 Swisttal-Heimerzheim Telefon 02254 837644 E-Mails bitte nur nach telefonischer Absprache |
Einige Highlights
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Swisttal,
im Dezember 2009
Hans Peter Schneider
Fotos: Archiv Paul Greve und Hans Peter Schneider