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F.L.: Ein Motorrad ist so gut, wie derjenige, der daran schraubt!

Erste Begegnung und erste Eindrücke

Als ich F.L. (er möchte aus verständlichen Gründen hier namentlich nicht genannt werden) 1975 erstmals kennen lernte, da war er erst 23 Jahre alt und fuhr eine MZ TS 250, die damals noch vom Neckermann Versand nach Deutschland (BRD) aus der ehemaligen DDR importiert wurde. Zu der Zeit war ich selbst bereits seit 4 Jahren in Motorräder vernarrt. Die Geburtswehen des Motorradbooms der 70er Jahre hatten soeben eingesetzt und unter den motorradbegeisterten Deutschen, deren Durchschnittsalter damals noch ca. 25 Jahre unter dem der heutigen Motorradfahrer lag, kam mir F.L. schon vor wie ein alter Fahrensmann.

Chromglanz, Design, hohe PS-Zahlen und relativ niedrige Preise für Neumaschinen waren die Grundlage des wirtschaftlichen Erfolges und der raschen Verbreitung japanischer Motorradmarken in Deutschland. Schnell hatte ich damals schon erkannt, dass sich F.L. von all diesen Dingen kaum bis gar nicht beeindrucken ließ. MZ fuhren damals in der Bundesrepublik allenfalls Studenten, die ein billiges Fahrzeug suchten. Ich selbst dachte bis dahin nicht anders über diese Marke. Doch F.L. entsprach so gar nicht meinem Klischee, welches ich bis dahin von MZ-Fahrern hatte: F.L. hatte überhaupt Ahnung von Motorrädern, er war überzeugt von MZ, er bekannte sich offen dazu und er selbst wirkte mit alledem überzeugend auf mich. Ich sah und lernte, dass die MZ in erster Linie ein Motorrad zum Fahren war, und zwar unter allen möglichen Lebensumständen. Dazu verfügte sie über ein hervorragendes Fahrwerk, mit dem man trotz des nominal schwachen Motors mit einem guten Fahrer in der Eifel flotter unterwegs sein konnte als mit vielen optisch strahlenderen Motorrädern japanischer Hersteller. Und dann fiel mir noch auf, dass F.L. hin und wieder ehrfurchtsvoll von einer „Falcone“ sprach, die er nicht nur besessen und gefahren hatte, die er offenbar dank seines handwerklichen Geschickes und mit Hilfe von Werkzeug auch in ihrem Inneren kennen gelernt hatte.

F.L. erstes Motorrad war eine BMW R 50/5, die er sich 1970 mit der Erlaubnis der Eltern neu kaufen durfte. Die Volljährigkeit mit 18 gab es erst seit 1975. Hier ist die R 50/5 bereits zum individuellen Touren mit Windschutzscheibe, Packtaschenhalter und Tankrucksack ausgerüstet


Mit diesem Gespann war F.L. bei meiner ersten Begegnungen Mitte der 70er Jahre unterwegs. Das Foto entstand 1976 in Frankreich. Wie man sieht, konnte ein schlichtes MZ-Gespann noch eine Attraktion für Jung und Alt sein.




Nachdem F.L. bis 1973 mit der BMW insgesamt ca. 50.000 km zurückgelegt hatte, war er noch der Ansicht, dass das Motorrad bald kaputt gehen müsste und er sich davon trennen sollte. Als Konsequenz dieser Überlegung tauschte er die BMW kurzerhand und unkonventionell mit der Moto Guzzi Nuovo Falcone eines Bekannten, bei dem diese gerade einmal 3.000 km gelaufen hatte

Zusammen mit anderen Motorradfreunden fuhren wir damals zu vielen Moto-Cross Rennen in der Region oder tourten durch die Eifel, unter anderem mehrmals zur Machtemes Mühle, einem damaligen Motorradfahrer-Treffpunkt unweit der luxemburgischen Grenze. Zu der Zeit war mir schon bekannt, dass F.L. im Nebenerwerb bei einem bekannten Euskirchener MZ-Händler in der Werkstatt aushilfsweise beschäftigt war. Das hinderte ihn jedoch nicht daran, für einige Monate mit einem Ural-Gespann an den Ausfahrten teilzunehmen. Später war er mit einer Triumph Bonneville dabei, einer der letzten, die nach Schließung der Produktionsstätten noch aus den vorhandenen Ersatzteilen zusammengebaut wurde. Natürlich war eine englische Triumph der 1970er Jahre ein aus einer ganz anderen Welt stammendes Gefährt, als eine MZ oder auch eine BMW jener Jahre. Aber für F.L., dem stets kritischen Betrachter der Motorradszene, fand sich an diesen Maschinen etwas, das ihn überzeugte.

Ich selbst fuhr – ermutigt durch die Begegnungen mit F.L. - von 1979 bis 1981 neben der obligatorischen Enduro eine MZ TS 250/1. Für diese benötigte ich damals einen neuen Auspufftopf. Als ich F.L. nach einem solchen fragte, bot er mir – freundlich wie er war - kurzerhand einen guten gebrauchten als Geschenk an, den er bei sich zu Hause „im Schrott“ liegen hatte. Weil ich mir den Auspuff bei ihm abholte, wusste ich anschließend wo er wohnte.


Die sowjetische Ural M 66 hatte im Jahre 1975 nur ein kurzes Zwischenspiel. Material und Verarbeitung waren einfach zu schlecht, um damit eine längerfristige Beziehung einzugehen. Die gefressenen Kolben stehen heute noch demonstrativ bei F.L. auf einer Fensterbank zusammen mit dem Hinweisschild „Stalins Rache“. Zwar soll die Technik inzwischen besser und haltbarer sein, aber eine Ural-Erfahrung reicht F.L.

25 Jahre später

Über 25 Jahre lang sahen wir uns nur hin und wieder anlässlich einer Veteranen-Veranstaltung und auch das nicht jedes Jahr. Als ich im Sommer 2006 eine Oldtimertour vorbereitete und zusammen mit meiner Frau im Rahmen eines Spazierganges sehenswerte Stationen für eine Besichtigung mit den Oldtimerfreunden erkundete, kamen wir durch Zufall in die Straße, in der ich bei F.L. damals den MZ-Auspuff abgeholt hatte. An den Straßennamen erinnerte ich mich sofort, nicht jedoch an die Hausnummer. Ich erzählte meiner Frau die damalige Begebenheit. Und als ich anschließend auch noch begann, auf den Namensschildern der Klingelknöpfe nach dem Namen „F.L.“ Ausschau zu halten, kam uns in der Straße jemand auf einer BMW R 90 S entgegengefahren, der bei uns anhielt und fragte: „Was macht Ihr denn hier?“ Jetzt erst erkannten wir – welch ein Zufall – F.L. Wir erzählten ihm, dass wir bis eben nach der richtigen Klingel suchten und nun um so mehr über den Zufall freudig überrascht seien. F.L. beschrieb uns sodann den Weg zu seinem Haus. Wir sollten schon mal bis dahin gehen, er müsse noch eben eine kleine Probefahrt zu Ende machen und sei in ca. 10 Minuten auch dort. Bei der Gelegenheit wollte er uns seine Motorradsammlung zeigen. Wir fanden sein Haus und brauchten auch nicht lange auf ihn zu warten. Meine Frau erfuhr sodann von einigen gemeinsamen Erlebnissen, die ich mit F.L. vor 30 Jahren hatte.

Schließlich öffnete F.L. seine Garage. Meine Frau war sofort von der Ordnung fasziniert, mit der sein sehr umfassendes Werkzeug mit System an den Wänden hing. Eine große und eine kleine Drehbank standen dort und eine riesige Ständerbohrmaschine.

Den verbleibenden Platz der Garage nahmen zwei Motorradgespanne ein: Da war hintendurch das MZ-Gespann, das ich schon von den wenigen Begegnungen der letzten Jahre kannte und von dem ich wusste, dass der Motor 300 ccm Hubraum hat. Ganz vorne in der Garage stand die Triumph Bonneville, die F.L. sich 1979 neu gekauft hatte und die er bei den damaligen gemeinsamen Touren noch solo fuhr. Jetzt in der Garage hatte sie jedoch einen Beiwagen, und zwar das typischen MZ-Boot. Noch nie hatte ich bis dahin eine Triumph Bonneville mit Seitenwagen gesehen, geschweige mit einem, der sonst an der MZ läuft. „Die Befestigung des MZ-Seitenwagens wurde mit Anschlussteilen eines Wuppertaler Gespannbauers realisiert und anschließend vom TÜV abgesegnet“, erfahren wir schon bald.


Die Anordnung des Werkzeugs über der Werkbank sorgt bei Besuchern für ein erstes Aha-Erlebnis. Rechts im Bild das aktuelle MZ-Gespann mit dem großen 300 ccm-Motor


Die Triumph Bonneville ist schon seit 1979 in den Händen von F.L. Die Zündelektronik wurde durch einen mechanischen Bosch-Zündgeber ersetzt.

Auspuffe rosten immer von innen durch!

Das waren aber noch nicht alle seine Motorräder. Durch eine Seitentür dieser Garage gelangte man über eine steile Abfahrt in den Garten und von dort zu einem verglasten Schuppenraum, den F.L. als sein „Museum“ bezeichnet. Dort hat auch die R 90 S ihren Stellplatz. „Die R 90 S von 1976 hatte ich vor etwa 20 Jahren in der Machtemes Mühle an der Theke von jemandem abgekauft. Seitdem bereichert die meinen Fuhrpark!“, erzählt uns F.L., auch dass sie immer noch die ersten Original-Auspuffe hat und dass dieses nur möglich ist, wenn man den Motor immer richtig warm fährt, damit sich kein Kondenswasser im Auspuff sammeln kann. „Auspuffe rosten immer von innen durch!“.

Ganz vorne im Museum findet sich eine MZ Silver Star Classic, die von MZ kurz nach der Wende gebaut und von einem 500er Rotax Motor angetrieben wird. „Mit ihren 34 PS, einem Leergewicht von 155 kg und erstklassigen Federelementen ist die auch heute noch eine hervorragend handliche und unscheinbare Fahrmaschine, ideal für die Eifel“, erklärt uns F.L.

Dann zeigt er uns seinen neben der R 90 S stehenden Oldtimer, und zwar eine BMW R 51/3 aus dem Jahre 1953. Diese hatte er vor einigen Jahren sehr erfolgreich restauriert. Zwar verwendete er dazu aus seinem „Schrott“ auch Teile jüngerer BMW-Modelle, dennoch sieht sie für mich gut aus, und wer nicht ausgesprochener BMW-Kenner ist, dem fallen die neueren Teile gar nicht erst auf.

Nur unter einem Regendach steht eine Hercules K 125 Military in der originalen Bundeswehrfarbe. „Damit fahre ich von März bis Oktober fast jeden Tag zur Arbeit“, erzählt uns F.L. „Das beste an dem Motorrad ist die Farbe! Ganz gleich wie das Wetter ist, das Motorrad sieht immer gleich aus, Schmutz ist eigentlich nie an dem Motorrad zu sehen“. Für Steuer und Versicherung zahle er jährlich insgesamt weniger, als er für ein Moped zu zahlen hätte, wenngleich das Fahren mit der Military deutlich mehr Spaß mache.


Mit der Military fährt F.L. in der hellen Jahreszeit zur Arbeit. Die Originalfarbe macht Schmutz unsichtbar. „Geputzt sieht die Maschine nicht anders aus als auch ungeputzt“.


Die BMW R90S kurz nach der Begegnung im September 2006 im „Museum“


Auf den ersten Blick eine penibel restaurierte BMW R 51/3 aus dem Jahre 1953. Tatsächlich jedoch das Resultat einer „Aufräumaktion der Altteilesammlung verschiedener BMW-Modell-Komponenten“. Einzig der Rahmen und der Motor gehörten ursprünglich schon zusammen. Heute dient die BMW regelmäßig noch der „Freude am Fahren“. Aus diesem Grund bleibt der Tankrucksack schon gleich aufgeschnallt


Der „Einachser“ wurde von F.L. sozusagen aus der Not geboren, nachdem er sich um den großen Garten kümmern musste. Als Motor dient das leistungsstarke Triebwerk einer 250er MZ. Die Achse ist Eigenbau, das Getriebe indessen tat einst in einem BMW-Isetta Dienst. Die Höchstgeschwindigkeit im 16. Vorwärtsgang wurde bisher noch nicht ausgefahren.

Neuer Schlepper aus Schrott verwirklicht

Im Weiteren findet sich in seinem Museum noch eine Vielzahl unterschiedlichster Fahrwerks- und Motorenteile und eine unrestaurierte Simson Schwalbe. „Alles Schrott!“ erklärt uns F.L. und führt uns sodann in eine Ecke des Schuppens, um uns zu zeigen, wie er schon einmal solchen Schrott verwertet hatte. Nach dem Tod seines Vaters habe er sich um den großen Garten kümmern müssen, was ihm nicht leicht gefallen sei. Doch statt sich einen Schlepper zu kaufen habe er in seinem Schrott gewühlt und im Laufe von drei Monaten und vielen Feierabendstunden schließlich seinen eigenen Einachser für den Garten gebaut. Der Motor seines Schleppers trieb zuvor in den 1970er Jahren sein erstes 250er MZ-Gespann an. Die Achse konnte dank der vorhandenen Drehbank selbst konstruiert und gebaut werden; das Getriebe stammt indessen von einer BMW-Isetta. F.L. musste diese wesentlichen Komponenten nur in der richtigen Weise zusammenbringen. Mit dem Resultat beackert er auch heute noch regelmäßig seinen großen Garten. Dazu stehen ihm 16 Vorwärts- und 4 Rückwärtsgänge zur Verfügung. Allerdings habe er dem Motor noch etwas die Kompression nehmen müssen, da andernfalls die Räder doch zu sehr durchgedreht und er immer zu schnell hinter dem Schlepper habe herlaufen müssen. Zwar habe er auch eine Karre für hinter seinen Schlepper, aber im letzten Gang habe er ihn bis heute noch nicht richtig ausfahren können.

 So wachsen Beziehungen:....

Mitte der 70er Jahren auf dem zur Machtemes Mühle gehörenden Campingplatz. Man sah damals kein Problem darin, auf der grünen Wiese den Austausch des defekten Steuerkopflagers einer BMW R 75/5 vorzunehmen, ...


... und zwar mit diesem „Erste-Hilfe-Werkzeug“

Beziehungssachen

„Ich war Zeit meines Lebens schon immer verrückt nach Motorrädern“ erzählt F.L. „Mein Vater hatte früher eine 98er Miele und ich erinnere mich noch gut daran, wie er mich damals oft mitnahm und ich dabei sozusagen in der vordersten Reihe auf dem Tank sitzen durfte. Mit 11 Jahren hatte ich auf einer Quickly das Mopedfahren erlernt. Fortan war dieses Maschinchen auch nicht mehr sicher vor mir, bzw. musste regelrecht weggeschlossen werden. Wegen dieser Liebe zum Motorradfahren hatte ich auch erst 1981 mit 29 Jahren den Autoführerschein gemacht, da ich diesen schließlich für meine Nebentätigkeiten benötigte. Die meiste Zeit steht mein Auto jedoch auch heute noch ungenutzt in der Garage. Regelmäßig fahre ich mit der Hercules Military in der helleren Jahreszeit zur Arbeit und erledige auch die meisten Besorgungen damit“.

Den Motorradführerschein machte er 1970, als an den etwa erst 5 Jahre später einsetzenden Motorrad-Boom noch kein Denken war. „Damals kannte man noch alle Leute der Umgebung, die überhaupt ein Motorrad fuhren, und technisch versiert musste man als Motorradfahrer sein. Heute an den modernen Motorrädern kann man weder die Zündung noch einen Vergaser einstellen, weil alles elektronisch über kleine Computer geregelt ist“.

Bemerkenswert ist die Artenvielfalt der Motorräder, zu denen F.L. über die Jahre hinweg sozusagen freundschaftliche Beziehungen pflegt:

  • Da ist sowohl die Nobelmarke BMW in mehreren Modellen zu finden - eine BMW R 50/5 war schließlich sein erstes Motorrad,

  • da sind die in den 1970er Jahren wegen ihrer Ästhetik und Herkunft regelrecht verpönten MZ-Maschinen,

  • da ist die wegen ihrer technischen Probleme und der Zollmaße damals nur wenig gekaufte Triumph.

Natürlich hat für F.L. jedes Motorrad für sich seine besonderen Reize: Das können der Klang und der charakteristische Motorlauf sein, die bei Triumph und BMW zwar unterschiedlich sind und dennoch für sich jeweils begeistern; das kann die genial aufs Fahren und auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtete MZ-Technik sein; das kann aber auch die Herausforderung sein, mit einem Motorrad wie der Triumph Bonneville aus den 1970er Jahren gut zurecht zu kommen, obwohl viele damalige Zeitgenossen dieses nicht behaupteten.
Auf meine Frage nach so unterschiedlichen Beziehungen antwortet er mir: „Ein Motorrad ist nur so gut, wie derjenige, der daran schraubt! Als Eigentümer und Fahrer eines Motorrades muss und kann ich mich auf jedes meiner Motorräder individuell einstellen, dann entsteht so eine Art Freundschaft!“, ist seine Antwort auf meine Frage.

Ich wünsche F.L. weiterhin viel Freude mit seiner Art von Beziehung zu Motorrädern und dass er den Einen oder Anderen damit noch anstecken kann.


Schnappschuss aus den 70er Jahren


Schnappschuss mehr als 30 Jahre später




Die NSU Quick aus dem Jahre 1951 belebt das Wohnzimmer



 

Nachtrag vom 01.05.2009


Für das Triumph-Gespann tauschte FL im Winter 2008/09 die Telegabel durch eine Schwinge vom Seitenwagenhersteller Kali. Damit verbesserte sich das Fahrverhalten deutlich: das Gespann spurt besser und lässt sich mit weniger Kraftaufwand lenken.
Das Fahren mit dem Gespann macht jetzt noch mehr Freude, insbesonder im Hinblick auf den charaktervollen Motor mit seiner herzhaften Leistungsentfaltung.

Alte Motorräder dürfen nicht nur herumstehen bei FL und dürfen nicht nur zum Fahren sein, auch das Herumschrauben ist FL wichtig um die richtige Beziehung zu dem jeweiligen Fahrzeug zu finden


Demnächst wird die verzinkte Gabel noch schwarz gemalt, damit sie besser zum übrigen Motorrad passt

Swisttal, im November 2006

FL war Ludwig Sons - ein Nachruf

Nachdem ich 2006 die obige Geschichte geschrieben hatte, trafen wir uns hin und wieder bei diversen Oldtimer-Veranstaltungen, machten jedes Jahr mindestens eine Motorradtour in die Eifel und führten oft stundenlange Gespräche über Motorräder. 2008 war er mehrere Monate krank. Er erholte sich davon wieder. Bis dahin hatte er sich schon ein bildhübsches BMW R90S-Gespann zugelegt. Danach war es noch eine Triumph Bonneville aus den 1970er Jahren in toprestauriertem Zustand, die er neben dem Bonneville Gespann fuhr. Danach war es dann noch eine toprestaurierte BSA Goldstar. Er liebte ganz und gar diese englischen Motorräder, die nicht so perfekt wie eine BMW und nicht so pragmatisch wie eine MZ waren. Die englischen Fahrwerke faszinierten ihn in gleicher Weise wie die Motoren mit ihrem langen Hub, viel Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen und mit simpler Technik ohne Elektronik, die er bestens beherrschte.
Die Beherrschung der Technik und ihre Optimierung waren ihm wichtiger als alles sportliche Fahren. Er fuhr auch dann, wenn die Sonne nicht lockte und es winterlich nasskalt war, denn „dafür waren die Motorräder ja da“.
Aber er wollte nicht, dass ich auf dieser Homepage von seinen letzten Errungenschaften berichtete. Da zeigte sich erneut seine besondere Art der Zurückhaltung.

Die letzte gemeinsame Motorradtour in die Eifel machten wir im September 2014. Es waren damals fast 300 km, bei denen wir auf den Spuren der Schriftstellerin Clara Viebig in Eisenschmitt eine Pause mit Besichtigung machten und uns die dortige Museumsführerin freundlicherweise fotografierte.


Ludwig Sons im September 2014 bei unser letzten gemeinsamen Eifel-Tour

2015 war meine freie Zeit zum Motorradfahren wegen anderweitiger Verpflichtungen etwas knapper bemessen als in den Vorjahren. Aber die Tour mit Ludwig sollte sein. Im Juli, August und September konnte ich ihn zur Terminfindung weder zu Hause antreffen noch telefonisch erreichen. Als ich am 22. September 2015 feststellte, dass sein Telefonanschluss nicht mehr existierte, fuhr ich nochmals zu seinem Haus, das weiterhin verschlossen war. Dann wollte ich es genau wissen und klingelte bei seiner nächsten Nachbarin an der Haustür. Diese erklärte mir, dass „Herr Sons vor drei Wochen nach schwerer Krankheit verstorben“ sei.
Mehr wusste sie nicht, auch nicht, wo er begraben ist.

Ludwig Sons machte sich einerseits über viele Dinge Gedanken und bildete sich seine Meinung, die er vertrat und nach der er lebte. Andererseits war er stets ein ruhiger und zurückhaltender Mensch. In irgendeiner Weise im Mittelpunkt stehen, das mochte er gar nicht.
Aus diesem Grund wollte er zu Lebzeiten auch nicht mit seinem Namen in der Geschichte auf dieser Homepage genannt werden.

Was bleibt, ist die Erinnerung an einen stets, freundlichen, hilfsbereiten und sensiblen Menschen mit einem außerordentlich umfassenden Wissen über Motorräder. Ludwig Sons wurde 63 Jahre alt.
Ich werde ihn vermissen.

Swisttal, im September 2015
Hans Peter Schneider


Ludwig Sons beim Besuch unseres „Tag der offenen Tür“ mit seiner Solo-Bonneville 2010


Die Solo-Triumph Bonneville wird gewartet


Bildhübsches BMW R90S-Gespann kurz vor der Ausfahrt


Dasselbe Gespann von hinten







Nur in einem ruhigen Teich spiegelt sich
das Licht der Sterne
Chinesisches Sprichwort



Text: Hans Peter Schneider
Fotos: Ludwig Sons und Hans Peter Schneider

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