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Der Name Vorgebirge hat mit Mühsal zu tun

Um uns für diese Aussage zu sensibilisieren, müssen wir uns zunächst über den Begriff Vorgebirge im Klaren werden, dann nicht die gesamte Ville trägt den Namen Vorgebirge. Vorgebirge wird ausschließlich der Osthang der Ville bezeichnet. Historisch ist dieser Bergriff auf die Zeit zurückzuführen, als an Motorfahrzeugen noch gar nicht zu denken war. Genau genommen können wir hierzu sogar bis in die Römerzeit zurückgehen, denn Köln war die von den Römern vor ca. 2.000 Jahren gegründete Hauptstadt dieser Region. Nachdem die Franken im Zuge der Völkerwanderung die Römer im 5. Jahrhundert wieder gänzlich aus dem Rheinland vertrieben hatten, verfielen die römischen Städte, weil den Franken das Wohnen in Steinhäusern und Städten ungewohnt war. Die einzigen, die damals sich in den alten römischen Städten niederließen waren die Kirchen. Deshalb findet man heute noch in allen größeren Städten, welche die Römer nach Ihrer Vertreibung zurückließen Bischofssitze. Köln nahm für die junge sich noch ausbreitende Kirche eine besondere Bedeutung ein: waren doch nördlich von Köln die Heiden zu Hause und Köln somit wichtiger Ausgangsort für die Missionstätigkeiten. In Köln richtete deshalb schon sehr früh der Papst den Sitz eines Erzbischofes ein.

Erst im Mittelalter begannen die Deutschen, sich mit der Siedlungsform Stadt oder einfacher gesagt, mit dem Wohnen in der Stadt anzufreunden. Weil aber über 80 % der Deutschen ihre Lebenseinkünfte ausschließlich in der Landwirtschaft erwirtschaften konnten, fanden sich in den damaligen Städten vornehmlich Händler, Handwerken und Kleriker, also alles Personengruppen, die nicht mit ihrer Hände Arbeit den Acker bestellen mussten. Als Napoleon Bonaparte 1794 Köln übernahm, wohnten die ca. 40.000 Kölner alle noch hinter ihren mittelalterlichen Stadtmauern, so gering war also das Bevölkerungswachstum vom Mittelalter bis zum Ende des 18. Jahrhundert. Von diesen ca. 40.000 Kölnern waren ca. 75 % bzw. 30.000 Kölner dem Klerikerstande angehörig, was heißt, dass diese in in den zahlreichen Klöstern und Stiften der Stadt lebten. Natürlich beteten diese Kleriker viel und tranken gerne Wein. Aus ihnen rekrutierten sich jedoch auch die geistige Eliten des Landes und so ist es nicht verwunderlich, dass die großen mittelalterlichen Philosophen wie Thomas von Aquin, Nikolaus Cusanus, Hildegard von Bingen oder der Kölner Albertus Magnus in solchen Klerikereinrichtungen zu Hause waren.

Hält man sich nun einmal vor Augen, wer schon lange vor der Motorisierung auf dem Land und wer in den Städten lebte, stellt man fest, dass Köln auch schon früher eine zentralörtliche Bedeutung hatte. Wer sich als Kölner Händler oder als predigender und Schriften verfassender Kölner Kleriker nach Westen in Richtung Eifel-Gebirge auf den Weg machte, musste auf diesem Weg zunächst einmal den Osthang der Ville ersteigen, was ohne Motorkraft immer schweißtreibend war, entweder beim Zugpferd oder beim Fußgänger selbst. Weil also der Blick vom Zentralort Köln spätestens seit dem späten Mittelalter bedeutsam war, zeigte sich der Osthang der Ville für die Kölner als Gebirge „vor“ dem eigentlichen Gebirge der Eifel und so entstand der Begriff „Vorgebirge“. Auf dem Weg von Köln ins westliche Gebirge der Eifel lief es sich den Westhang der Ville bergab relativ mühelos. Zudem ist der Höhenunterschied am Westhang nicht halb so groß wie der am Osthang.

Ich behaupte also hier mit gutem Grund, dass es den Begriff Vorgebirge nicht gäbe, wenn es mit den Städtegründungen im Mittelalter schon eine motorisierte und damit nicht schweißtreibende Mobilität gegeben hätte.


Text: Hans Peter Schneider