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Karl Schleuter -
einige Erzählungen aus seinem Leben als Pressefotograf

Max Deubel auf der Briefmarke

Auf der Insel Man war Schleuter in der Rennsport-Szene der 1970er Jahre schon ein sehr bekannter Mann. Vielen war dort zudem seine freundschaftliche Beziehung zum Vierfach-Gespannweltmeister Max Deubel bekannt. Aus diesem Grund wohl erhielt er im April 1973 Post vom Post Office Authority der Manx-Postbehörde. Diese wollte Max Deubel zur Ehre eine Briefmarke drucken, weil der als „erster Deutscher mit einem Gespann die TT gewonnen“ habe.

Klar war diese Annahme der Postbehörde falsch und was sollte Schleuter darauf antworten, wenngleich der Max Deubel ja noch lebte und sehr gut selbst auf den Brief antworten konnte. Deshalb besuchte er Max Deubel, übergab ihm den Brief und bat ihn, die Angelegenheit selbst zu klären. Deubel beantwortete den Brief und stellte dabei richtig, dass er selbst nicht erste deutsche TT-Gewinner auf dem Gespann war. Auch Schleuter schrieb die Postbehörde an, mit dem Hinweis, dass Helmut Fath als erster Deutscher mit dem Gespann 1960 die TT gewonnen habe, und zwar auf der Mountain-Strecke durch die Berge, die auch erst ab 1960 von den Gespannen gefahren wurde. Darauf erhielt Schleuter als Antwort, dass sie dennoch den Max Deubel auf der Briefmarke abbilden wollten. Dagegen konnte unter diesen Umständen dann natürlich niemand mehr etwas haben. Schleuter kannte sich als Fotograf sehr gut mit Fotovorlagen aus. Deshalb wandte sich im Juni 1973 ein gewisser Mr. J.H. Nicholson unmittelbar an Karl Schleuter. Nicholson war mit der Erstellung der Briefmarke beauftragt worden. „Der legte auch drei Fotos vor mich hin und fragte, welches Foto aus welchem Jahr stammte. Ich war natürlich etwas erstaunt über diese Frage, denn über die Startnummern hätte Nicholson die Antwort auch selbst ermitteln können. Schleuter konnte die Frage jedoch auch mit Blick auf die Formen des Seitenwagens rasch klären. Er wusste, in welchem Jahr der Seitenwagen wie aussah: „Es gab ihn mal mit einer kleinen Luke, mal hatte er gar keine Luke und einmal war er auch mit einer richtig großen Plexiglasscheibe ausgestattet. Gebraucht wurde das Foto von 1961 und das fand ich schnell heraus“, berichtet Schleuter. Nachdem diese Frage geklärt war, sagte Nicholson, dass er bis zum Manx-Grand-Prix die Zeichnung für die Briefmarke fertig haben und Schleuter etwa im DIN A4-Format präsentieren wolle. Die Zeichnung erhielt Schleuter schließlich ohne Farben. Er, Schleuter, sollte die Farben für die Briefmarke festlegen. Weil bei Deubels BMW aber nur Schwarz-, Blau- und Weißtöne vorhanden waren und darüber hinaus lediglich die Darstellung der Plexiglasscheiben anstand, war das keine schwierige oder aufregende Aufgabe für alle Beteiligten.

1974 war endlich die Briefmarke fertig und Max Deubel wartete mit Spannung darauf, sie selbst im Original in die Hand nehmen zu können. Deubel hatte Schleuter deshalb aufgetragen: „Wenn du zur Insel Man fährst, dann bringe mir bitte Ersttagesbriefe mit!“ Die nächste Reise zur Insel ließ nicht lange auf sich warten und Schleuter besuchte bei der Gelegenheit den Designer Nicholson, um über den die gewünschten Ersttagsbriefe zu beziehen. Für Nicholson war das selbstverständlich, im Gegenzug bat er Schleuter aber auch noch um einen Gefallen. Als Schleuter ihn gespannt danach fragte, antwortete Nicholson, dass er ja gerne von Max Deubel und Emil Hörner Autogramme auf die mitgegebenen Ersttagesbriefen hätte. Schleuter lachte darauf hin und fragte, wie viele er denn davon haben wolle. Nichlosen wünschte: „Zehn Stück“. Im Folgejahr nahm Schleuter ihm die von Deubel signierten Ersttagesbriefe mit. Nicholsons Freude darauf war so groß, dass er Schleuter aus Dank auch etwas verehren wollte. Schleuter solle sich in seinem Kunstgewerbeladen in Douglas eines der von ihm selbst gemalte Bilder aussuchen. Schleuter aber war wählerisch. Weil er darunter kein Bild fand, das seinen Vorstellungen entsprach, fragte er Nichlsen höflich nach einem Bild, auf dem einerseits die Rennstrecke und andererseits das Meer zu sehen seien. „Muss ich noch malen“, erkläre Nicholson: „Im nächsten Jahr ist es fertig!“ Als Schleuter im nächsten Jahr wieder bei Nicholson wegen des Bildes auftauchte, da war es „noch nicht fertig“. Darauf entgegnete Schleuter: „Aber der Max Deubel ist mit mir hier!“, worauf er direkt fragte, wie er den denn mal kennenlernen könne. Schleuter sagte zu, dieses zu arrangieren. „Und ich ging mit Max zu ihm, in seinen Laden in der Strand-Street“, so Schleuter.

Siegerehrung der Gespannfahrer TT 1966. Deubel/Hörner ganz links. Scheidegger/Robinson stehen auf dem ersten Platz; 30 Minuten später wurden Sie disqualifiziert und alle nachfolgenden Platzierten rückten um einen Platz auf. Den Podestplatz für den Dritten nehmen Auerbacher/Kalauch ein. Vorne zweiter von rechts Dr. Helmut Werner. Bönsch, der Leiter der Motorrad-Sparte bei BMW. BMW dominierte in der Zeit noch die Gespannszene im Straßenrennsport

Inzwischen hatte sich ein weiteres Problemchen eingestellt: Max Deubel war von seinem Club gebeten worden, Deubel-Briefmarken von der Insel mitzubringen. Die Briefmarke war am 1. Mai 1974 auf den Markt gekommen. Was weder Schleuter noch Deubel wussten war, dass diese Briefmarke nur für die Dauer eines Jahre offiziell käuflich war. Deubel war am 1. Juni 1975 auf der Insel eingetroffen und damit zu spät. Die Briefmarken wurden nicht mehr offiziell von der Post angeboten und die Enttäuschung war zunächst einmal entsprechend groß.

Aber Schleuters Möglichkeiten war noch nicht vollends ausgeschöpft. Mit der Witwe des ehemaligen Polizeichefs der Insel Man, Mrs. Joyce Moore, verband Schleuter eine langjährige, freundschaftliche, innige Beziehung. „Joyce“ hatte in ihrem Berufsleben eine leitende Stelle im Douglas Post-Office. Mit ihrer Unterstützung war es schließlich dann doch noch möglich, für Max Deubel fünf Bögen der begehrten Marken mit seinem Bildnis zu ergattern. In einem Fotoalbum hat Karl Schleuter die „Geschichte von Deubels Briefmarke“ reichlich dokumentiert, und zwar nicht nur mit Fotos.

Das von Nicholson speziell für Schleuter gemalte Bild mit dem Meer und der Rennstrecke am Guthries Memorial sollte bis zum Manx GP fertig sein. Das klappte jedoch nicht und Nicholson erklärte, dass das Bild bis zur TT im nächsten Jahr fertig sei. Schleuter entgegnete darauf, dass Joyce Moore ihn im Oktober des Jahres in Bonn besuchen würden. Tatsächlich schaffte es Nicholson schließlich, das Bild bis zur Abreise der beiden fertigzubekommen. Heute hängt es in Schleuters Wohnzimmer und erinnert ihn an die Geschichte von Max Deubel auf der Briefmarke.


Deubel/Hörner 1966 auf dem Weg zur Vizeweltmeisterschaft, nachdem die beiden zuvor schon vier Weltmeistertitel errungen hatten. Das Motorrad war noch zum Sitzen. Wenig später setzten sich die Kneeler-Gespanne vollständig durch Foto: Karl Schleuter ©


Post von der Isle of Man. Unten rechts ist die Deubel/Hörner Briefmarke aufgeklebt


Viel Arbeit für eine kleine Sache: Die 1974 herausgegebene Briefmarke zu Ehren von Deubel/Hörner


Jedes Jahr werden auf der Insel Man neue Briefmarkenserien rund um die TT herausgegeben


Die Straße ist Teil der Rennstrecke und in Wirklichkeit steht in der Kurve vorne rechts die kleine Schutzhütte des Streckenmarschalls
Foto: Agljones ©


Nicholsons Aquarell mit der von Schleuter gewünschten Insel-Ansicht hängt heute in dessen Wohnzimmer. Ein Maler zeigt ja nicht die Wirklichkeit, er macht bekanntlich das sichtbar, was er sieht

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