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Karl Schleuter -
einige Erzählungen aus seinem Leben als Pressefotograf

Zunächst Motorrad als Dienstgefährt

In den 1950er und ersten 1960er Jahren war Schleuter durchweg auf zwei und/oder drei Rädern unterwegs, auch dann, wenn er die Rennveranstaltung in Europa besuchte. Ende der 1950er Jahre stellte sich bei ihm jedoch eine junge Familie ein. Weil zudem die teuren Kameras beim Transport auf dem Motorrad schon einige Male Schaden genommen hatten, wollte er sich für seine Familie und die Fahrten zu den Rennen eine richtige „Familienkutsche“ zulegen. Seine damalige Frau war jedoch unkonventionell und brachte ihn von diesem Vorhaben ab, als sie ihm vorschlug, dass er doch lieber ein Motorradgespann kaufen solle. Das tat Schleuter dann auch zunächst mit dem schon oben genannte BMW R50-Gespann und einem am 09.06.1961 gekauften und selbst beim BMW-Werk in München abgeholten R60-Gespann. Aber auch im Gespann war die kostbare Fotoausrüstung noch schädlichen Vibrationen und dem Feuchtigkeitsrisiko ausgesetzt. Zudem musste Schleuter sich am Ort der Rennveranstaltungen ein teures Zimmer suchen oder ein Zelt im Gespann mitführen und dieses im Fahrerlager aufbauen. Das waren alles Umstände, die er schließlich 1964 leid war.


Schleuter 1961 in seinem Hauptberuf im Büro Elektro-konstruktion der Fa. Kautex im Gespräch mit Ingenieur Katterbach



Schleuter 1960 auf seiner BMW R50 mal solo


Im Juni 1961 wurde ein komplettes R60-Gespann gekauft
und von Schleuter selbst im Werk in München abgeholt

Dieter Braun in Schleuters
getuntem Renault R4

Da kaufte er sich rechtzeitig zum Beginn der Rennsaison einen sparsamen, praktischen und höchst-komfortabel gefederten Renault R4. Dieser hatte gegenüber dem Gespann schier unendlichen Stauraum, war einigermaßen sicher verschließbar und er bot Platz genug für eine Übernachtung. Schleuter richtete sich das Auto für seine besonderen Belange her; das war sein Tuning: So wurden die hinteren Türen mit zusätzlichen Seitentaschen ausgerüstet, in denen mit System viele kleine Sachen griffbereit untergebracht werden konnten; die hinteren Rücksitze nahm Schleuter ganz aus dem Auto heraus, das schaffte grundsätzlich mehr Stauraum. Bei Fahrten zu den Rennveranstaltungen mit Übernachtungen entfernte er zudem den Beifahrersitz - das war beim R4 mit wenigen Handgriffen möglich - und baute eine genau angepasste Holzplatte ein, um damit eine glatte durchgehende Fläche vom Fußraum des Beifahres über die hintere Ladefläche bis zur Heckklappe zu erreichen. Insgesamt ergab das eine Liegefläche von etwa 90 cm Breite und sagenhaften 296 cm Länge. Den Stauraum unter der Holzplatte im Fußraum nannte Schleuter „Kühlschrank“. Dort kamen die Sachen rein, die direkt vor Sonnenlicht geschützt und relativ kühl bleiben mussten. Von außen war dem kleinen Auto gar nicht anzusehen, was alles und wie darin untergebracht werden konnte. Die Luftmatratze hatte Schleuter zudem aufgeblasen im Schlafsack untergebracht. So lag nur ein anzufassendes Teil im Auto. Abend wurde dann ein gesonderter Schlafsack aufgerollt, in den er zum Schlafen hineinkroch.

Auf der Fahrt zum GP-Rennen 1972 ins finnischen Imatra führte der Weg über Schweden, um vom schwedischen Kappelskär mit der Fähre zum finnischen Naantai überzusetzen. Am Fähranlieger in Kappelskär war Schleuter nicht der einzige, der zum GP nach Imatra wollte. Der 125 ccm Weltmeister von 1970,Dieter Braun, wartete ebenfalls am Fähranleger und kam bald mit Karl Schleuter ins Gespräch. „Was!“, rief Braun ungläubig erstaunt zu Schleuter, „da in dem R4 willst Du eine Woche lang drin schlafen?“. Schleuter wollte nicht lange diskutieren, öffnete kurzerhand die Tür und schlug Braun vor, doch einfach einmal Probe zu liegen. Der ließ sich nicht lange bitten, kletterte mit seinen fast zwei Metern Körperlänge in den R4 und war schließlich erstaunt, wie gut und bequem dieser Liegeplatz war.

Immerhin konnte Dieter Braun anschließend mit der 1972 noch nicht ausgereiften und deshalb relativ glücklosen 250er SMZ in Imatra auf den neunten Platz fahren und somit wenigstens einige WM-Punkte erringen. Das hatte dann aber auch rein gar nichts mit Karl Schleuters spezialgetuntem R4 zu tun.


Renault R4 aus einer Werbeanzeige von 1970


Nachdem Dieter Braun 1973 die 250er Weltmeisterschaft gewonnen
hatte, durfte Schleuter bei der Siegerehrung im Hotel Hindenburg in Stuttgart einen Schluck aus dem WM-Pokal nehmen

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Fotos: Karl Schleuter ©

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